Sauna - Freunde.

Marco Arnautović, 32, Österreicher mit serbischen Wurzeln, geboren in Wien. Fußball-Nationalspieler, derzeit bei Shanghai SIPG unter Vertrag, Massen-Tattoo-Träger, verheiratet, zwei Töchter, Manieren: keine, Gehalt: viel zu hoch, IQ: k.A. (Messprobleme). Im Juni 2012 beschimpfte Arnautović im Zuge einer Polizeikontrolle in Wien den ihn kontrollierenden Polizisten, wobei Arnautović auch die Aussage „Ich verdiene so viel, ich kann dein Leben kaufen.“ getätigt haben soll. [Wikipedia]

 

J.K.Rowling, 54, britische Schriftstellerin, das J. steht für Joanne. Berühmt geworden mit ihren Romanen rund um den Zauberlehrling Harry Potter. Galt einige Jahre als wohlhabendste Schriftstellerin der Weltgeschichte, eine Weile war sie auch in der Forbes-Liste der Dollar-Milliardäre. Kurz verheiratet, eine Tochter, Alleinerzieherin und vorübergehend auch Sozialhilfe-Empfängerin. Jetzt allerdings nicht mehr. Bis heute wurden die Harry-Potter-Romane in 80 Sprachen übersetzt, darunter auch ins Lateinische und Altgriechische, und über 500 Millionen Mal verkauft. [Wikipedia]

 

Es ist Samstag, 21. Dezember 2019, exakt 10:20. Flughafen Shanghai Pudong (PVG). Der Direktflug mit Air China nach Wien, Planabflug um 11:15, wurde aus technischen Gründen um 3 Stunden verschoben. Joanne hat am Sonntag noch ein Treffen mit einem Drehbuchautor in Wien, um dann nach London weiterzu-fliegen. Marco bleibt in Wien, um dort mit seiner Familie Weihnachten zu feiern. Beide Promis sind Reise-Profis und lassen sich die Laune durch eine kleine Verzögerung nicht vermiesen. Jeder für sich hat beschlossen, die Wartezeit in der Sauna des VIP-Bereichs der Fluglinie zu verbringen. Beide schlürfen zunächst zur Beruhigung ein Glas Champagner, vielleicht auch zwei, vom Dom Pérignon Vintage 2008, die Flasche zu 358$, gesponsert natürlich von Air China. Alsbald sitzen sie sich schwitzend und schweigend gegenüber, einigermaßen züchtig verhüllt. Marcos Tattoos sind dennoch nicht zu übersehen. Joanne hat ein Handtuch turbanartig auf ihren Kopf gewickelt, immerhin hat die Frisur stolze 340 Euro gekostet. Die zwei Reisenden sind sich bis dato nicht begegnet, sie kennen sich auch namentlich nicht. Irgendwann bricht Marco das Schweigen und der folgende Dialog ergibt sich (aus dem Englischen bestmöglich übersetzt):

 

(A) Was starren Sie mich so an, stimmt was nicht mit mir? Was passt Ihnen nicht?

(R) Ich starre Sie nicht an, ich bin lediglich von Ihren Tattoos fasziniert. Ehrlich.

(A) Die sind schon sehr cool, oder? Hey, da hab' ich mir einiges einfallen lassen.

(R) Das mag durchaus sein, aber ich werde trotzdem nicht wirklich schlau draus.

(A) Müssen Sie auch nicht, verlangt ja keiner. Vielleicht fehlt Ihnen einfach die Fantasie.

(R) Ach ja, meine Fantasie, daran wird's hapern. Damit hatte ich schon immer Probleme.

(A) Ich hab' da noch ein paar besonders geile Tattoos, dazu müsste ich allerdings das Handtuch ein wenig …...

(R) Nein, nein, bitte lassen Sie nur, soweit reicht meine Fantasie, das schaffe ich noch.

(A) Probleme sind übrigens ganz schlecht, glauben Sie mir. Ich habe allerdings keine. Weder mit Geld noch mit Fantasie und auch nicht mit Frauen, manchmal vielleicht mit dem Sprechen, inhaltlich, verstehen Sie?

(R) Sie Glücklicher, wie haben Sie das alles geschafft, was machen Sie denn beruflich?

(A) Ich spiele Fußball, echt verdammt gut Fußball. Deswegen spiele auch in der österreichischen Nationalmannschaft. Ich bin Profi, Vollprofi.

(R) Ach ja, und davon können Sie wirklich leben, und sich auch noch den VIP-Bereich hier leisten? Sind Sie tatsächlich so gut?

(A) Hey, Baby, ich bin einer der besten. Ich könnte Dein Leben kaufen, so viel Geld habe ich. Glaub mir das, kein Scherz oder so.

(R) Um Gottes willen, Sie sind also der. Ihre Lust, Menschenleben zu kaufen, hat sich schon bis England herumgesprochen, das Zitat ist ja wirklich ziemlich einzigartig.

(A) Ach was, null Panik, das hab ich nur so gesagt, keine Angst. Aber theoretisch könnte ich das schon. Und Sie, was machen Sie beruflich, was führt Sie nach Shanghai?

(R) Mein neuer Roman wird verfilmt, ich habe mir die möglichen Drehorte angeschaut.

(A) Echt, hier in China? Will diesen Roman in Europa keiner? Soll ich Sie pushen? Da geht schon was. Ich kenn da ein paar Sportreporter, die sind mir noch was schuldig.

(R) Danke, sehr liebenswürdig, aber ich werde genug gepusht, das passt schon. 

(A) Was schreiben Sie so? Muss zugeben, ich bin ein schlechter Leser, aber vielleicht kenn' ich doch was von Ihnen. Oder vielleicht meine Kinder, die können verdammt gut lesen, obwohl sie erst vier und sieben Jahre sind. Da bin ich voll stolz drauf.

(R) Kennen Sie Harry Potter? Der ist von mir. Sämtliche Harry-Potter-Romane sind von mir. Und vor ein paar Wochen ist mein neuer Roman erschienen.

Was, Sie sind diese, diese, Alice Schwarzer? Echt cool, dass ich Sie hier treffe. 

(R) Alice wer? Nein, nein, ich heiße Rowling, Joanne Kathleen Rowling. Vielleicht kennen Sie mich als J.K.Rowling. Na, klingelt's jetzt?

(A) Sorry, da klingelt nix. Aber die Filme, die hab ich gesehen, die sind echt voll geil.

(R) Danke für das Kompliment, aber geil sollten sie eigentlich nicht sein, die Filme.

(A) Na, Sie verstehen schon, Mega sind die Filme, habe jeden geschaut, mit den Kindern.

(R) Sie schauen mit den Kindern die Harry-Potter-Filme an? Großartig, für die müssen Sie ja der Supervater schlechthin sein.

(A) Logisch. Ich bin definitiv ein Supertyp, nicht nur für meine Kinder, auch für die Fans.

(R) Ach ja, Kinder und Fußball-Fans, die sind manchmal schon sehr eigen. Richtig naiv.

(A) Wie meinen Sie das? Das versteh ich nicht ganz, was meinen Sie mit eigen und naiv?

(R) Das bedeutet in etwa, dass sowohl Kinder als auch Fußball-Fans hinsichtlich des intellektuellen Potenzials deutlich vom möglichen Maximum entfernt sind, sich in Bezug auf dieses zwar tendenziell bewegen, allerdings mit konträren Vorzeichen.

(A) Hmmh. Hmmh. Da muss ich nochmal drüber nachdenken, klingt aber total richtig.

(R) Weil gerade Weihnachten ist, was schenken Sie Ihren Kindern so zu Weihnachten? 

(A) Meine Töchter bekommen je eine DVD, auf der alle Tore, die ich bisher in China geschossen habe, drauf sind. Da sind Sie dann mächtig stolz auf mich, echt super. Und, was bringt das Christkind Ihren Liebsten, gibt's da auch was Interessantes? 

(R) Ich habe mir gerade überlegt, dass ich denen eine Weihnachtsgeschichte schreibe, vielleicht über den geistigen Verfall des Abendlandes unter besonderer Berücksichtigung des länderübergreifenden Personal-Recruitings im Spitzensport.

(A) Ich versteh's zwar nicht ganz, Baby, aber das klingt echt cool, das müssen Sie machen. Und Sie wollen tatsächlich nicht meine Tattoos unterm Handtuch ……

(R) ….nein, danke, wirklich nicht. Ich finde bereits die über dem Handtuch sehr aussagekräftig. Die vielen Namen, die Wolken und die Engel, da kann man sich ein schönes Bild von Ihnen machen. Sind Sie eigentlich ein gläubiger Mensch.

(A) Eigentlich schon, ich glaube an den Himmel und so, und ich glaube, dass der Himmel mich mag, sonst hätte er mich nicht so super gemacht. Und als Dank dafür schieße ich viele Tore und singe mit meinen Kindern die ganzen Weih-nachtslieder.

(R) Da sind Sie ja wirklich sehr, sehr gläubig, hätte ich nicht gedacht. Das würde man ihnen aufs erste gar nicht zutrauen. Ich bin sehr beeindruckt.

(A) Nur weil ich viele Tore schieße und dicke Oberschenkel habe muss das nicht heißen, dass ich nichts im Kopf habe. Aber es gibt schon dumme Fußballer auch, verstehen Sie? Zum Beispiel der Ronaldo. Kennen Sie den?

(R) Ja, doch, von dem habe ich schon einmal gehört. Warum soll der dumm sein?

(A) Der glaubt immer noch, dass der Ball beim Köpfler umso mehr Fette bekommt, je mehr Haargel er sich auf seine Lockerl schmiert. Dabei bremst das den Ball, ich hab's beim Geburtstag meiner Tochter mit einem Luftballon probiert. Nix hat sich gedreht, null Fette, verstehen Sie? Und ausgeschaut habe ich wie ein Kasperl mit dem Gel.

(R) Jetzt werden Sie mir unheimlich, Sie beschäftigen sich sogar mit Physik? Sie haben es wirklich in kurzer Zeit geschafft, meine Meinung über Fußballer zu manifestieren.

(A) Mani, Mani was? Also, mir wird's zu heiß im Kopf, ich muss jetzt raus. Wissen Sie, ich muss auf meinen Kopf aufpassen, wegen der Tore und so. Alsdann, Ciao Baby, guten Flug und Merry Christmas. Man sieht sich.

(R) Ihnen auch schöne Weihnachten und eine gute Heimreise. Und achten Sie auf Ihren Kopf, vielleicht braucht er doch ein bisschen mehr Zuwendung.  Machen Sie's den Kindern zuliebe.