Frieden & Schall & Rauch.
Mir gefällt die Idee eines österreichischen Radiosenders, einen ganzen Vormittag dem Frieden zu widmen und Songs der letzten Jahrzehnte zu spielen, die sich des heiklen Themas annehmen. Allesamt großartig und teils berührend, aber wirklich besser geht's mir jetzt nicht. Es ist die Machtlosigkeit, die schmerzt. Die Machtlosigkeit, Leid und Elend zu verhindern. Die Machtlosigkeit, den Mächtigen Schranken zu setzen und sich aus den Fängen der globalen Wirtschaft zu befreien.
Bob Dylan stellte sich einst die Frage, wie viele Straßen er noch gehen muss und wie viele Bomben fliegen müssen, bevor dieses irdische Disaster ein Ende hat. Er erhoffte sich, dass ihm der Wind die Antwort flüstert, doch der gute Mann wartet heute noch drauf. Ich lausche John Lennon und brumme andächtig mit, wenn er sich vorstellt, wie es sein könnte. Alle leben in Frieden und wir, wir sind live dabei. Auch sein eindringliches Ersuchen, dem Frieden endlich eine Chance zu geben, blieb ungehört. Ein Träumer, dieser eigenwillige Pilzkopf. Nicole saß dereinst als Teenager im weißen Kleidchen Gitarre spielend auf der Bühne und eröffnete einem Millionenpublikum ihren sehnlichsten Wunsch: Nur ein bisschen Frieden, da wo sie wohnt. Armes Mädchen, nichts ist daraus geworden.
Schon 1985 haben die USA den Afrikanern vorgesungen, dass "Wir", wir alle, die Kinder dieser Welt sind. Wir haben es gemeinsam in der Hand, für das Licht zu sorgen, doch das bescheidene Flackern hielt nicht lange an. Pink, mit ihrer rauchigen Stimme, war besonders wagemutig und ging sogar mit Dear Mr. President spazieren, um diesem dabei ins Gewissen zu reden. Aber der jetzige, hat der überhaupt eines? Bei einem Präsidenten wie Putin kommt man gar nicht nahe genug ran, um das zu hinterfragen. Popgröße Sting war zwar der irrigen Ansicht, dass auch die Russen ihre Kinder lieben, bei Putin kann man sich das aber schwer vorstellen, sonst würde er nicht ….. Nein, das lassen wir, das ist kein Thema für einen vergnüglichen Abend.
Michael Jackson wollte die Welt heilen, doch mit „Heal the world“ ist‘s nichts geworden, er hat sich daran die Zähne ausgebissen. Er ist gestorben, bevor seine Therapie so richtig greifen konnte. Und selbst wenn Marlene Dietrich uns noch so eindringlich ersucht, ihr den aktuellen Standort der blühenden Blumen zu sagen, ich kann ihr dabei nicht helfen. Ich bräuchte selbst jemanden, der mir diesen geheimnisvollen Ort zeigt.
Der viel zu früh verstorbene Freddie Mercury verkündete, dass diese Welt der Himmel auf Erden sein könnte, für alle von uns, wenn wir nur …… Ja, wenn wir nur. Wir haben das ordentlich verbockt und arbeiten unablässig daran, uns das Leben weiter zu vermiesen. Nicht nur die "Black Eyed Peas" fragen sich, was denn los ist auf dieser Welt und wo die Liebe geblieben ist. Hände ringend besingen sie den Himmel, ihnen einen göttlichen Rat zu schicken, doch da kam bisher nichts. Der Himmel schweigt. Bis heute und vermutlich weiterhin.
Die Liste der Enttäuschten, die mit schönen Liedern Ruhe und Frieden herbei singen wollten, ließe sich beliebig fortsetzen, doch meine Stimmung ist jetzt schon im Keller. Ich zweifle gerade an vielem und bin nahe dran, so wie R.E.M. 1991 meine Religion zu verlieren. Sie hilft mir nicht wirklich weiter, also was soll ich mit ihr? Und wenn die Hoffnung zuletzt stirbt, die Hoffnung nach Frieden alles überlebt, dann bin ich ja schon tot, ich überleb’s nicht. Logisch. Trotzdem schade, ich wäre gerne dabei gewesen. Der Wind der Veränderung, den die Scorpions einst zu spüren glaubten, ist längst zu einem zarten Lüftchen geworden und schließlich überhaupt verebbt. Und selbst wenn Norah Jones hoffnungsvoll meint, dass es „Not too late“ ist, ich bin davon nicht überzeugt. Vielmehr befürchte ich, dass Chris Rea richtig erkannt hat, dass wir bereits auf der „Road to hell“ herumkurven, um schlussendlich mit AC/DC im Höllentempo auf dem „Highway to Hell“ unser Ende zu finden. Wir sind zu schnell, viel zu schnell unterwegs, wir haben wohl die letzte Ausfahrt übersehen. War’s wirklich die letzte?